Über die Freude, einen Menschen loszulassen

Geschmeidige Gelenke

Selbstheilung funktioniert ohne unser Zutun – und mit noch besser

Regelmäßiges Training ist das offene Geheimnis des Erfolges.

Neulich mußte ich eine Kundin loslassen

Zu mir kommen Kunden, die das ganze Jahr regelmäßig trainieren. Manche beginnen ihr Training erstmals nach schweren Operationen, Krankheiten, einfach, um fit zu sein, oder bei Erschöpfungs-Zuständen. Die meisten bleiben jahrelang, und ich freue mich wirklich über jeden Besuch von meinen Kunden. Es ist eben ein Training in angenehmer, familiärer Atmosphäre.

Vor etwa drei Jahren also kam die oben erwähnte Kundin mit wenig Energie zu mir, erschöpft, leicht übergewichtig und unbeweglich. Binnen Monaten richtete sie sich bei mir auf, formte ihren Körper und erreichte somit auch ein positives mindset. Es war mir eine Freude, sie dabei zu begleiten, sie so wachsen zu sehen.

Ich wünschte ihr Glück und war im ersten Moment traurig, dass sie weg gehen würde. Dann dachte ich nach und erkannte, wie glücklich wir beide uns schätzen dürfen. Die Kundin, weil sie sich weiter entwickelt hat. Und ich, weil ich sie auf diesem Weg begleiten habe dürfen. Ja, und wenn man genau hinschaut, hat noch ein Dritter Glück: derjenige, der jetzt zu mir kommen darf, um fit zu werden.  

Der Körper bringt seine Systeme selbst in Harmonie: das ist die Homöstase.

Der perfekte Zeitpunkt zum Loslassen

Der wissenschaftliche Hintergrund dieser Entwicklung heißt Homöostase. Wir sprechen landläufig auch über die Selbstheilung des Körpers. Homöostase bedeutet, dass alle Systeme des Körpers – wie Organe, Muskeln, Faszien –sich selbst so gut wie möglich in Balance halten. Wenn wir selber nun immer wieder neue Trainingsreize setzen, geraten wir kurzfristig aus der Balance. Das System des Körpers beginnt nun verstärkt mit der Selbstheilung, und tut dies so effektiv, dass wir einen neuen Zustand erreichen: die Superkompensation. Dieser Effekt bedeutet, wir sind nach einer gewissen Belastung, die über einen Reiz hinaus geht und der anschließenden Erholungsphase für eine gewisse Zeit leistungsfähiger. Wenn wir nun den richtigen Zeitpunkt erwischen, um einen neuen Reiz zu setzen, passt sich das angesprochene System des Körpers immer wieder an und wird zunehmend leistungsfähiger, stabiler, beweglicher,… abhängig davon, welches Ziel wir anstreben.

Ein praktisches Beispiel der Superkompensation ist, bei regelmäßiger Gymnastik den Körper so in Balance zu bringen, um eines Tages den Kopfstand locker zu schaffen: alle Gelenke stehen ausbalanciert übereinander, der Geist ist entspannt und die Übung erfordert ein Minimum an Muskelkraft.

Mag. Waltraud Leobacher

Umgekehrt gilt dieser Effekt ebenso. Je weniger wir den Körper „reizen“, desto weniger kann er leisten. Und wenn wir den Reiz übertreiben, wird das System überfordert und die Superkompensation bleibt gänzlich aus.

Und daher ist die regelmäßige Beschäftigung mit einem Thema auch so wichtig: bewusst gezielte Reize zu setzen, um unser System sozusagen „hochzuschaukeln“ und uns aufzurichten, Energie zu tanken und die beste Version von uns zu werden, die wir sein können. Der Fokus ist wesentlich.

Das ist meine Jahresarbeit. Nun hat diese Arbeit auch einmal ein Ende – wenn ein Mensch entscheidet, bereit zu sein für neue, intensivere und andere Reize. So wie meine Kundin. Dann haben wir beide alles richtig gemacht und gehen gesund und munter weiter unseren Weg.

Machen wir uns also jeder auf seine Art, und auch gemeinsam, auf den Weg in ein vielversprechendes 2020 in Balance – darauf freut sich Ihre

Mag. Waltraud Leobacher

Kommunikationswissenschafterin

Trainerin & Coach


Bibliographie

Superkompensation:

Badtke, G. (1995). Einführung. In G. Badtke (Hrsg.). Lehrbuch der Sportmedizin (3. Aufl.). (S. XXI-XXIII). Hüthig: J. A. Barth.

Hohmann, A., Lames, M. & Letzelter, M. (2003). Einführung in die Trainingswissenschaft (3. Aufl.). Wiebelsheim: Limpert.

Jakowlew, N.N. (1977). Sportbiochemie. Leipzig: Barth

Homöostase:

https://www.wissen.de/was-ist-homoeostase, 16.01.2020

https://de.wikipedia.org/wiki/Homöostase, 16.01.2020

Reizstufenregel:

https://de.wikipedia.org/wiki/Reizstufenregel, 16.01.2020

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